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Pott’s Brauerei: Spatenstich zum Neubau

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So wie ein gutes Bier Reife braucht, brauchten die Überlegungen für den letzten großen Schritt eine mehr als einjährige Reifephase. Die Zusammenführung aller Betriebsteile von Pott’s an die neue Naturparkbrauerei In der Geist 120 findet nun bald seine Vollendung. Wenn genug Geld angespart war, sind seit 1996 auf dem Weg bis heute immer wieder einzelne Abschnitte am neuen Standort gebaut und mit moderner Getränketechnik ausgerüstet worden. Nun folgt der finale Schritt unter dem Motto „Bewährtes erhalten, Neues beginnen.“

Zukunftssicherung
Die Überschrift der Gesamtmaßnahmen heißt Zukunftssicherung. Die Familie Pott hat zusammen mit dem Beirat mit insgesamt 11,3 Millionen Euro die zweitgrößte Investition in der bald 250-jährigen Geschichte (2019) der Pott’s Brauerei im vergangenen Jahr beschlossen.

Der erste Beweggrund für die Investitionsentscheidung ist ein ökonomischer und ökologischer zugleich. Eingespart wird der kostentreibende Transport zwischen der Altstadtbrauerei und der Naturparkbrauerei. Auch die dauernde Personalbewegung von Qualitätssicherung, Braumeister und Brauern zwischen den Standorten hat dann sein Ende. Durch die Zusammenlegung und Anpassung an neue Technologien wird die Energieeffizienz um circa 30 Prozent gesteigert und der Wasserverbrauch mit der Abwassereinleitung ebenfalls gemindert. All das würde die Entscheidung aber noch nicht rechtfertigen.

Der zweite Grund ist gleichzeitig das Hauptziel, nämlich die Ausrichtung der Brauerei auf die gewachsenen Ansprüche einer zunehmenden Verbraucherschaft, die den Geschmack sogenannter 08/15-Fernsehbiere langweilig findet. Individuelle Biere mit starkem eigenem Charakter sind gefragt. Hier hinkt die Brauwirtschaft den Winzern noch immer hinterher. Auch wenn Pott’s seit jeher für Bierspezialitäten steht, will die Brauerfamilie Pott mit ihren Mitarbeitern neue Akzente setzen und sich noch intensiver der fantastischen Geschmacksvielfalt von Bier widmen. Mit dem Malz, dem Körper des Bieres, dem Hopfen als Seele des Bieres und der Hefe als Geist des Bieres lässt sich viel mehr machen, wenn nur die richtige Technik zur Verfügung steht.

Die technische Ausrüstung
Für den Anfang des Brauprozesses ist es notwendig, einen ausreichenden Lagerplatz für viele unterschiedliche Malze in Silos, Big-Bag-Stationen und Sackwaren zu schaffen. Ein gut gekühltes Hopfenlager ist anzulegen, um die Vielfalt der Hopfensorten fachgerecht einlagern zu können, und nicht zuletzt sind ein untergäriges und obergäriges Hefemanagement als Reinzucht bereitzuhalten.

Die im Sudhaus der Altstadtbrauerei gegebenen verhältnismäßig großen Einzelchargen werden im neuen Sudwerk verringert, und gleichzeitig wird durch ein Sudgefäß mehr die Taktzahl erhöht, sodass dann acht Sude von 45 bis 85 Hektoliter Ausschlagwürze pro Tag zur Gärung bereitstehen. Im Ergebnis können sehr spezielle Kleinsude eingemaischt und in teilweise gleich großen Gär- und Reifungsgefäßen bis zur Abfüllung gebracht werden.

Entwicklung eigener Bierspezialitäten und Dienstleister für Gypsy- und Craftbrauer
Um darüber hinaus den Experimentalbereich abbilden zu können, wird neben einer bereits in Betrieb genommenen 50-Liter-Kleinstbrauanlage mit einer kompletten zweiten Brauerei von 15 Hektoliter Ausschlagwürze pro Sud die Zukunftsschmiede Pott’s Brauatelier geschaffen. In dieser Brauanlage kann neben der Pott’s-eigenen Entwicklung von Bierspezialitäten auch den vielen sogenannten Craft- und Gypsybrauern eine Heimat als Dienstleister geboten werden. Zur Erklärung: Als Gypsybrauer bezeichnet man die Minibrauer, die einem „Garagenbräu“ entwachsen wollen oder schon entwachsen sind und sozusagen als Wanderbrauer bei verschiedenen Brauereien Biere nach ihrem Rezept produzieren und abfüllen lassen. Die Übersetzung von Craftbrewer ist Handwerksbrauer und dokumentiert damit die ursprünglich-handwerkliche Braukunst sowie die große Experimentierfreudigkeit dieser Bierenthusiasten bei der Erarbeitung neuer Bierkreationen. Durch die aufsteigenden Chargenmengen von 15 über 45 bis 85 Hektoliter sowie eine Vielzahl technischer Raffinessen erfüllt die doppelte Brauerei alle Voraussetzungen, sich zum  Eldorado für diese innovativen Brauer zu entwickeln. Sie sind heute zum Teil mangels qualifizierten Angebots in der Nähe gezwungen, ihre selbst kreierten Biere in Holland oder Belgien herstellen und abfüllen zu lassen. Für die Filtration wird ein speziell von der GEA Westfalia Oelde entwickelter Craftbier-Separator zum Einsatz kommen, der auch große Hopfenmengen ausscheiden kann.

Den interessierten Bierenthusiasten werden Seminare angeboten und ihnen wird Hilfestellung bei der Umsetzung ihrer Ideen gegeben. Dafür hat Pott’s bereits im vergangenen Jahr Braumeister Daniel Hefele eingestellt, der sich, abgekoppelt vom Tagesgeschäft, neben dem Wichtigsten, der stetigen Überwachung und Optimierung der naturbelassenen Qualität der Pott’s Biere, den Gypsy- und Craftbrauern zuwenden wird. Bei der Betreuung der Gypsy- und Craftbrauer besteht auch für die erfahrenen gelernten Brauer von Pott’s Brauerei eine zusätzliche interessante und abwechslungsreiche Perspektive. Ein Seminarraum im Brauatelier für zwölf Personen und ein Biersalon für 70 Personen im größeren Sudhaus runden das Angebot ab. Im Brauatelier und im Biersalon werden hinter Glas gekühlt auch Craftbiere von befreundeten Brauereien zu sehen und zu verkosten sein.

Neue Energiezentrale
Mit der Neuausrichtung der Energiebereitstellung ist schon begonnen worden. Dem neuen Dampfkessel von Bosch mit zwei Tonnen Dampferzeugung pro Stunde wird eine Gasturbine mit 50 Kilowatt elektrischer Leistung vorgeschaltet. Das etwa 300 Grad heiße Abgas wird mit circa 18 Prozent Restsauerstoff als vorerwärmte Verbrennungsluft dem Dampfkessel zugeführt, wodurch sich die Effizienz des Kessels maßgeblich verbessert. Im Verbund mit Economiser und Brennwert-Wärmetauscher wird von dem System ein Wirkungsgrad von 99 Prozent erwartet. Der für die Betriebsgröße sehr kleine Kessel ist nur deswegen ausreichend, weil einerseits der große Wirkungsgrad in der Erzeugung erzielt wird und andererseits Verbrauchsspitzen durch Energiespeicher und gezielte Energierückgewinnung aus dem Prozess ausgeglichen werden können. Auch die Lastspitzen bei der Kälteversorgung werden durch einen neuen Glykolspeicher ausgeglichen, sodass auf eine Erweiterung der vorhandenen Kälteerzeugung verzichtet werden kann.

Darüber hinaus wird auf dem Dach des zwölf Meter hohen Malzsilogebäudes eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 30 Kilowatt installiert. Turbinengenerator und Photovoltaik zusammen bilden die Grundlast von Pott’s Brauerei und der Gastronomie Pott’s Brau & Backhaus ab. Die ökologisch erzeugten Eigenstrommengen werden auf einer Anzeige sichtbar gemacht. Die Energieberechnungen und die daraus folgenden Maßnahmen wurden vom Ingenieurbüro Dr. Hebmüller, Düsseldorf, erstellt. Der Volksbank unseres Kreises Warendorf ist es in Zusammenarbeit mit der Effizienzagentur NRW gelungen, für das innovative Wärmemanagement einen Zuschuss der öffentlichen Hand zu erarbeiten.

Weitere Besonderheiten
Technische Besonderheiten sind auch der neue untergärige und der neue obergärige Gär- und Reifungskeller mit beweglicher Kalthopfungsanlage (obwohl heute oberirdisch, werden die Räume immer noch als Keller bezeichnet). Die neuen Tanks sind nicht wie am Bestandskeller der Naturparkbrauerei isoliert. Die auf den Tanks aufgeschweißten Kühltemplates sind vielmehr sichtbar und bereifen trotz der Kühlsoletemperatur in den Zuleitungen von minus fünf Grad, in der entfeuchteten Luft der isolierten Räume nicht.

Das Brauerherz schlägt höher, wenn es die zwei offenen 15-Hektoliter-Gärbottiche mit seinen Kräusen (Schaum) zu sehen bekommt. Hier kann auch der Nichtbrauer den Gärfortschritt optisch verfolgen. Das gilt auch für einen der großen Gärtanks, der im Domdeckel mit einer Ausleuchtung und Kamera versehen wird. Die Aufnahmen werden auf einen entsprechenden Bildschirm übertragen.

Auch von den weiterführenden Fluren ist in Fortführung der gläsernen Brauerei ein vollständiger Einblick in die Zubereitung von Pott’s Münsterländer Originalen gegeben. Jetzt ist der gesamte Prozess vom Malzkorn bis in Fass und Flasche vor Ort ohne Eintritt von jedermann zu verfolgen. Äußerlich wird das Gebäude in dem im Jahr 1996 begonnenen Stil weitergeführt und passt sich wie zuvor perfekt in die münsterländische Landschaft ein. Ein Highlight ist das große gerahmte Fenster mit dem großzügigen Einblick in das neue Sudhaus, das Herzstück einer jeden Brauerei, dem Ort, wo die Hochzeit von Wasser, Malz und Hopfen stattfindet.

Auswahl der Anbieter unter Berücksichtigung regionaler Firmen
Sehr aufwendig war der Abgleich der fünf Anbieter für die technische Ausstattung von Sudhaus, Hefemanagement, Gär- und Reifungskeller sowie der Verrohrung. Braumeister Hefele war sechs Wochen ausschließlich mit dieser Aufgabe beschäftigt. Den Zuschlag hat die Firma Kaspar Schulz, Bamberg, in Verbindung mit der Verrohrungsfirma Wellmann, Halle/Westfalen, als Spezialist für Verrohrungen in Lebensmittelfirmen erhalten. Kaspar Schulz ist ein weltweit engagiertes Familienunternehmen für das Braugewerbe in zehnter Generation. Der seit 1677 bestehende inhabergeführte Industriebetrieb ist darüber hinaus einer der ältesten Metall verarbeitenden Betriebe Deutschlands und passt auch deshalb gut zur Firmenphilosophie von Pott’s. In den weiteren Gewerken haben viele regionale Firmen die Nase vorn.

Offenes Informationsmanagement
Fast auf den Monat genau 21 Jahre nach der Grundsteinlegung für den ersten Teilaussiedlungsschritt, der Abfüll- und Versandhalle gegenüber dem späteren Landesgartenschaugelände, wird nach Plan im Mai 2017 der erste Spatenstich für die komplette Brauerei im Naturpark gesetzt werden. Das Architekturbüro Hilker/Tenthoff aus Oelde hat seit Beginn, zunächst noch zusammen mit dem auf Getränke spezialisierten Architekturbüro Schlingemann, Hamburg, dann alleinverantwortlich bis heute die bauliche Entwicklung entworfen und betreut.

Auch wenn die Gerüchteküche schon einiges zutage gefördert hat, wurden sofort nachdem das Gesamtinvest im Januar 2017 feststand, zuerst die Mitarbeiter von Pott’s Brauerei informiert.

Natürlich bedeutet jede Erneuerung auch eine Herausforderung für die Belegschaft. Aber Stillstand ist Rückgang und Rückgang ist mittelfristig bestandsgefährdend. So freuen sich die Brauerfamilie Pott und die Belegschaft auf das große Werk und das sich daraus ergebende Zukunftspotenzial. Kurz nach der Mitarbeiterinformation wurden die Nachbarn über das Vorhaben unterrichtet, und danach folgte eine Mitteilung an die örtliche Presse. Die beteiligten Behörden waren schon zweimal zur Vorabstimmung im Hause der Brauerei. Die Genehmigungsanträge nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz sind auf dem Weg. Eine zügige Bearbeitung wurde zugesagt, sodass es bald losgehen kann.

Abgeschaltet wird die Altstadtbrauerei aber erst dann, wenn die ersten voll zufriedenstellenden Sude fertig gereift, abgefüllt, analysiert, verkostet und abgenommen sind. Nach Terminplan wird das im Sommer des Jahres 2018 sein.

Bei allem fortschrittlichen Streben kann sich der Bierliebhaber auf eines verlassen: Pott’s Biere bleiben naturbelassen mit vollem Geschmack.

Weitere Infos:
Auf der Pott’s Homepage gibt es unter www.potts.de/galerie einen Film zum Neubauprojekt. Dort kann man sich schon einen ersten Eindruck davon verschaffen, wie es einmal aussehen wird.

Bildzeile: Die große Fensterfront im Neubau der Brauerei wird eingerahmt wie ein Bild und lenkt alle Blicke auf die Sudkessel.

Quelle/Bildquelle: Pott’s Brauerei GmbH | potts.de


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