Das Jahr 2016 steht für die Brauwirtschaft ganz im Zeichen des 500-jährigen Jubiläums des „Bayerischen Reinheitsgebotes“, des ältesten nach wie vor gültigen Lebensmittelgesetzes. Bevor diese Bier- und Brauordnung per herzoglichem Erlass im Jahr 1516 in Bayern landesweite Gültigkeit erlangte, gab es bekanntermaßen bereits viel früher eine Reihe lokaler Vorläufer. Residenzstädte wie Augsburg, Nürnberg, Landshut oder München verfügten über entsprechende Verordnungen.
Unbekannt war indes bisher, dass auch die alte Salinenstadt Reichenhall bereits seit 1493 über eine eigene Bierordnung verfügte, die jeden Brauer in die Pflicht nahm. Dort hieß es unter anderem sehr dezidiert: „Ein jeder Brauer soll gemäß dem Eid, den er geschworen hat, nichts anderes für das Bier gebrauchen als gut beschautes und sachgerecht hergestelltes Malz, Wasser und Hopfen.“
Der Historiker Dr. Johannes Lang, der Stadtheimatpfleger Bad Reichenhalls, entdeckte die historischen Originaldokumente zu dieser Verordnung vor kurzem im Rahmen seiner Recherchen zur Geschichte Bad Reichenhalls im Bayerischen Hauptstaatsarchiv sowie im Stadtarchiv München. Die Bierordnung, die der Wittelsbacher Herzog Georg von Bayern-Landshut, genannt „der Reiche“, am 07. Februar 1493 für Reichenhall erlassen hatte, regelte neben den zu verwendenden Rohstoffen unter anderem auch deren strenge Qualitätskontrollen, die Besteuerung des Bieres sowie die Festsetzung des Bierpreises in der Stadt. Bier gewann in jener Zeit in der Salzstadt Reichenhall enorm an Bedeutung, galt es doch, vor allem die körperlich stark beanspruchten Salinenarbeiter ausreichend mit Getränken zu versorgen, die der Gesundheit nicht abträglich waren.
Im Zusammenhang mit dem „Reichenhaller Reinheitsgebot“ weist Dr. Lang zudem auf zwei bemerkenswerte Aspekte hin: „Interessanterweise hielt sich die Bierordnung die Option offen, über die Zugabe anderer von den Brauern favorisierten Gewürze, die ‚dem Menschn khainen Schaden oder Gebrechen brächten, sonnder Nutz und gesundt wären‘, zu entscheiden. Allerdings sollte dies nur nach ausdrücklicher Genehmigung durch den Stadtrat erfolgen.“ Und er ergänzt: „Vergleicht man das ‚Reichenhaller Reinheitsgebot‘ mit anderen in Bayern erlassenen Verordnungen, so mutet dieses aus heutiger Sicht recht modern an. Denn im Gegensatz zu den meisten anderen Formulierungen beschränkte man sich in der für Reichenhall festgelegten Bierordnung nicht nur auf Gerstenmalz, sondern allgemein auf gemälztes Getreide, was eben auch das damals begehrte Weizenmalz mit einschloss. In eben diesem Sinne wird ja auch heute das Bayerische Reinheitsgebot interpretiert.“
Private Alpenbrauerei Bürgerbräu deutlich älter als bisher gedacht
Im Zuge seiner Recherchen förderte Dr. Lang eine weitere bedeutsame Erkenntnis zu Tage, die vor allem die historische Relevanz der Privaten Alpenbrauerei Bürgerbräu für deren Standort in Bad Reichenhall in einem neuen Licht erscheinen lässt: Wie jetzt erstmals entdeckte Dokumente beweisen, liegen die Anfänge der renommierten Bad Reichenhaller Familienbrauerei bereits im 15. Jahrhundert. Früheste Belege der Existenz der Brauerei stammen aus dem Jahr 1494, also kurz, nachdem das „Reichenhaller Reinheitsgebot“ in Kraft getreten war.
Christoph Graschberger, der Bräu zu Bad Reichenhall, zeigt sich von den neuesten Funden begeistert: „Es ist ein neues Kapitel unserer Firmengeschichte, welches aber unser bisheriges Selbstverständnis nur bestätigt. Nicht erst seit 1633, wie bisher angenommen, sondern seit mindestens 1494 brauen wir Biere, und das nach unserem eigenen ‚Reichenhaller Reinheitsgebot‘ aus Wasser, Hopfen und Malz. Man mag daran auch erkennen, welch herausragende Bedeutung dem Qualitätsbier in Reichenhall seit jeher beigemessen wurde. Unser Erbe als einzige bestehende Bad Reichenhaller Brauerei war und ist uns Ansporn und Verpflichtung zugleich, diese über 500-jährige Bier- und Braukultur aufrecht zu erhalten.“
Diese neuen und durchaus sensationellen Erkenntnisse zur Geschichte der Bier- und Braukultur in Bad Reichenhall wurden von Dr. Lang jetzt in einer Broschüre sehr anschaulich zusammengefasst, die von der Privaten Alpenbrauerei Bürgerbräu unter dem Titel „Das Bier, das Salz und die Stadt“ herausgebracht wurde und bei Interesse dort angefordert werden kann (per Mail unter info@buergerbraeu.com).
Quelle: Private Alpenbrauerei Bürgerbräu Bad Reichenhall August Röhm & Söhne KG | buergerbraeu.com | Bildquelle: ©iStockphoto.com/photologica